Bundesrat fordert Erleichterungen und höhere Schwellenwerte im Vergaberecht

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Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10.02.2023 die Bundesregierung aufgefordert, sich auf Ebene der EU und der Welthandelsorganisation (WTO) für Erleichterungen des Vergaberechts einzusetzen. Damit stimmte der Bundesrat einem Entschließungsantrag des Freistaates Bayern zu. Auch die kommunale Ebene hat wiederholt ein praxisgerechteres Vergaberecht einschließlich einer damit einhergehenden Erhöhung der sog. EU-Schwellenwerte eingefordert.

Der Bundesrat plädiert dafür, die Schwellenwerte europaweiter Ausschreibungen für öffentliche Aufträge zu erhöhen. Die Bundesregierung soll sich auf EU-Ebene für höhere, an die Inflation angepasste Grenzwerte einsetzen. Die seit 28 Jahren fast unverändert geltenden Schwellenwerte seien dringend reformbedürftig. Die deutliche Verteuerung insbesondere von Bauleistungen sowie die aktuell hohe Inflation sorgten dafür, dass staatliche Auftraggeber für immer kleinere Bau- und Beschaffungsvorhaben in komplexen und aufwändigen Verfahren europaweit nach Anbietern suchen müssten. Der Bundesrat fordert daher eine marktpreisgerechte Anhebung der Schwellenwerte.

Ziel ist es, den Verwaltungsaufwand und die Kosten auf Auftraggeber- und auf Auftragnehmerseite zu reduzieren – und damit auch den Mittelstand zu entlasten. Vor allem mit Blick auf die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland mit vielen kleinen Kommunen als öffentliche Auftraggeber mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen könnte dies zu erheblichen Erleichterungen führen. Bauleistungen müssen nach geltendem europäischem Recht ab einem Auftragswert von 5,382 Mio. Euro (netto) europaweit ausgeschrieben werden, andere Liefer- und Dienstleistungsaufträge ab einem Volumen von 215.000 Euro. Der Bundesrat hat sich schließlich auch für einen gesonderten und höheren Schwellenwert für die Vergabe von Planungsleistungen ausgesprochen.

Anmerkung:

Die Bundesratsinitiative ist aus kommunaler Sicht sehr zu begrüßen. Nicht nur mit Blick auf die Realisierung von wichtigen Infrastrukturprojekten, sondern auch mit Blick auf die tägliche kommunale Beschaffungspraxis ist es von enormer Bedeutung, dass die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen durch Bund und Länder praxisgerecht gestaltet und spürbar vereinfacht werden. Komplexe und zum Teil divergierende Vergabevorschriften im Bereich der Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, vergabefremde Aspekte sowie eine Vielzahl an Berichts-, Bekanntmachungs- und Statistikpflichten, die teilweise weiterreichen als es das EU-Recht eigentlich verlangt, verkomplizieren die Vergabeverfahren und führen dazu, dass die öffentliche Hand nur noch sehr wenige oder teils auch gar keine Angebote mehr auf Ausschreibungen erhält. Ein Umsteuern ist daher dringend notwendig.

Sowohl im Bereich des klassischen Vergaberechts als auch bei der Vergabe von freiberuflichen Leistungen bedarf es daher auch einer deutlichen Erhöhung der EU-Schwellenwerte. Ein maßgeblicher Grund dafür ist, dass nach Untersuchungen der EU-Kommission bei EU-Vergaben nur bis zu 3 Prozent aller Angebote von Bietern aus dem EU-Ausland stammen. Einen grenzüberschreitenden Vergabemarkt gibt es wegen der oft regionalen Prägung mithin weiter nicht. Hinzu kommen die massiven Preissteigerungen, die sich insbesondere im Baubereich auswirken. Zur Steigerung der Akzeptanz für das öffentliche Vergaberecht und zur Gewährleistung schnellerer Vergaben muss sich die Bundesregierung daher gegenüber der EU-Kommission für eine Erhöhung der EU-Schwellen-werte aussprechen. Diese und weitere Forderungen werden die kommunalen Spitzenverbände auch im Wege einer Stellungnahme zum sog. Vergabetransformationspaket an die Bundesregierung (BMWK) richten.

28.03.2023